ZENTRALEUROPÄISCHE WORKSHOPS – “Bridging Early Modern History” (CEW)
Internationale Workshops für junge Historikerinnen und Historiker aus Bulgarien, Österreich, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und der Ukraine zur Geschichte der Frühen Neuzeit, 2011–2021
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In den Archiven der Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie sitzen viele junge Archivbe-nützer bei Forschungen für ihre Qualifikationsarbeiten stumm nebeneinander, erhalten aber oft nicht die Möglichkeit, ihre Ergebnisse auszutauschen oder sich überhaupt persönlich näher kennenzulernen. Die Rahmenbedingungen für eine wissenschaftliche Vernetzung fehlen hier oftmals. Noch immer sind Archivaufenthalte mit Reisen verbunden, die in den Archiven erziel-ten Forschungsergebnisse werden aber oft nicht ausgetauscht, was sich als nachteilig für die internationale Forschung erweist. Vor diesem Hintergrund eines defizitären Wissenstransfers zwischen den Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie und dem an ihn herangetragenen Wunsch ungarischer Studierender nach wissenschaftlichem Austausch mit österreichischen Stu-dierenden wandte sich 2010 der ungarische Archivdelegierte im Österreichischen Staatsarchiv Dr. István Fazekas (heute Professor an der Eötvös-Loránd-Universität Budapest) an Prof. Martin Scheutz und Prof. Thomas Winkelbauer (Institut für Österreichische Geschichtsforschung an der Universität Wien), um einen besseren Austausch von Forschungsergebnissen im Bereich der Frühen Neuzeit zwischen Studierenden der Geschichtswissenschaften zu erzielen. Es sollte ein internationales Forum geschaffen werden, auf dem sich Studierende, die an einer Masterarbeit oder Dissertation an einer der Universitäten der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns arbei-ten, untereinander in einem kommunikationsfreundlichen Klima treffen können. Ein nieder-schwelliger, aber qualitativ hochwertiger Austausch von Forschungsergebnissen sollte auf den ins Auge gefassten Workshops stattfinden. Zudem erschien ein gemeinsames Master- und Dis-sertantenseminar auf der Ebene von regelmäßig stattfindenden Konferenzen auch als ein wich-tiges didaktisches Instrument, um jungen weiblichen und männlichen Nachwuchswissenschaft-lern erste internationale Konferenzerfahrungen zu vermitteln. Die Nachwuchswissenschaftler sollten auf diesem internationalen Forum lernen, ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren und auch Erfahrungen im Verteidigen der eigenen wissenschaftlichen Positionen machen. Ne-ben dem wissenschaftlichen Austausch war es genauso wichtig, dass die Nachwuchswissen-schaftler informell miteinander in Kontakt traten, um ihre Studien- und Forschungserfahrungen im jeweiligen Land austauschen zu können.
Auch auf der Ebene der Lehrenden erwies sich der Kontakt untereinander als wichtig, weil hier unkompliziert neuere Forschungsergebnisse diskutiert werden sollten. Rasch wurde klar, dass nicht nur Ungarn (Universitätsstandorte: Budapest und Piliscsaba, Pécs, Szeged) und Österreich (Universitätsstandorte: Graz, Klagenfurt, Salzburg, Wien), sondern auch Bulgarien (Sofia), Slo-wenien (Ljubljana), die Slowakei (Bratislava, Prešov), die Tschechische Republik (Brno, České Budějovice, Olomouc, Pardubice, Prag) und die Ukraine (Kiew) einbezogen werden mussten, um hier einen breiten Resonanzraum für Forschungen und Diskussionen auf internationaler Ebene zu schaffen. Ein internationales Netzwerk von Frühneuzeit-Historikern entstand: Prof. Maria Baramova (Universität Sofia), Prof. András Forgó (Universität Pécs), Prof. Gabriele Haug-Moritz (Universität Graz), Prof. Sašo Jerše (Universität Ljubljana), Prof. Tomáš Knoz (Universität Brno), Prof. Sándor Papp (Universität Szeged) und Prof. Arno Strohmeyer (Universität Salzburg). Seit dem Jahr 2011 finden nun jährlich Workshops an den verschiedenen beteiligten Universitäts-standorten in Österreich, Ungarn und Slowenien statt. Tagungsorte waren bisher Graz, Ljublja-na, Pécs, Piliscsaba, Salzburg, Szeged, Wien und Stift Zwettl (Stand 2021). Weitere Tagungen in Bulgarien, der Slowakei oder der Ukraine sind geplant. Anfänglich waren das Collegium Hunga-ricum in Wien, das Institut für Ungarische Geschichtsforschung in Wien (unter seinem damali-gen Direktor Dr. Csaba Szabó) und das Institut für Österreichische Geschichtsforschung führend beteiligt, aber rasch konnte eine verbreiterte Basis der Zusammenarbeit verschiedener Univer-sitätsstandorte erzielt und der Kreis der teilnehmenden Forscherinnen und Forscher mit For-schungsschwerpunkten im Bereich der Frühen Neuzeit erweitert werden: Professorinnen und Professoren aus Bulgarien, Österreich, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Slowenien, Ungarn und der Ukraine nahmen an den Tagungen teil.
Folgende Grundregeln sollten bei den Tagungen eingehalten werden:
• Die Studierenden konnten ihre aktuellen Forschungsergebnisse auf Eben der Masterar-beit oder der Dissertation vorstellen. Im Regelfall konnten die Referentinnen und Refe-renten an ihren Heimatuniversitäten auch ECTS-Punkte für die Teilnahme an den Work-shops erlangen.
• Die Vortragenden durften nicht in ihrer Muttersprache, sondern mussten in einer von ihnen gewählten Fremdsprache (entweder Deutsch oder Englisch) referieren. Dies sollte die Fähigkeit stärken, sich in einer Fremdsprache wissenschaftlich zu artikulieren. Als Beispiel: Die österreichischen Studierenden referierten meist auf Englisch, die nichtös-terreichischen Studierenden auf Deutsch oder auf Englisch.
• Die Betreuer der Qualifikationsarbeiten sollten möglichst vor Ort sein, um eine breite Diskussion der Forschungsergebnisse zu ermöglichen. Eine verbesserte Vernetzung der Universitäten war damit ein erwünschtes Begleitziel.
• Die Tagungen sollte jeweils an einem anderen Universitätsstandort stattfinden, um den Studierenden die jeweiligen Studienmöglichkeiten zu verdeutlichen. Nach unseren Er-fahrungen war der Besuch des jeweiligen Tagungsortes mitunter auch der Erstkontakt mit der jeweiligen Stadt. Die Tagungen verstehen sich damit auch als eine Vermitt-lungsbühne europäischen Erfahrungswissens.
Nach unseren Erfahrungen erwies sich die Teilnahme an den Internationalen Workshops als karrierefördernd und persönlichkeitsbildend und vernetzte die Teilnehmerinnen und Teilneh-mer mit anderen Forschenden. In einem Bottom-up-Prozess ist auf der Grundlage von guten persönlichen wissenschaftlichen Kontakten ein gut gefügtes Netzwerk von Universitäten der Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie entstanden, die sich intensiv um eine Förderung der Geschichte der Frühen Neuzeit bemühen. Zwischen 2011 und 2021 konnten auf den bisher zehn Workshops insgesamt 153 Vorträge gehalten werden, insgesamt nahmen 19 Universitäten aus sieben Ländern an dem Programm teil. Betrachtet man die nationale Zusammensetzung, so wurden 71 Referate von Studierenden österreichischer Universitäten, 50 Referate von Studie-renden ungarischer, zehn Referate von Studierenden tschechischer, acht Referate von Studie-renden slowenischer und drei Referate von Studierenden slowakischer Universitäten gehalten. Zudem gab es sechs Referate von Studierenden aus Bulgarien, vier Referate hielten Studieren-de aus der Ukraine und ein Referent stammte aus Polen.
Budapest und Wien, 5. Juli 2021
Prof. István Fazekas (Budapest), Prof. Martin Scheutz (Wien)
und Prof. Thomas Winkelbauer (Wien)
Info
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