A. Das multinationale Welterbeprojekt "Grenzen des römischen Reiches" Das multinationale Welterbeprojekt
Die Grenzanlagen des Imperium Romanum, lat. "limes" bzw. "ripa" (Land- bzw. Flussgrenzen) genannt, durchlaufen und verbinden über 5500 Kilometer zahlreiche moderne Länder auf insgesamt drei Kontinenten. Sie bilden eines der größten und ältesten Völker und Landschaften verbindende archäologische Erbe. Seine Grenzen, die das Reich in seinem Umfang markierten, kontrollierten und bewachten, gehören seit 2005 zum UNESCO Kulturerbe und können, angemessen und grenzüberschreitend wissenschaftlich aufbereitet und der Öffentlichkeit präsentiert, einen wichtigen Beitrag zu einer gemeinsamen kulturellen Identität von Europa bzw. der zuletzt wiederbelebten Mittelmeerunion darstellen.
In Europa verläuft die Grenzlinie von Großbritannien über die Flüsse Rhein und Donau bis in den Balkanraum zum Schwarzen Meer. Darüber hinaus beeinflusste die römische Zivilisation auch zahlreiche Nachbarländer bis in den skandinavischen und baltischen Raum, wie die römischen Funde in den Nationalmuseen in Kopenhagen, Berlin und Warschau zeigen. Einzelne Teile des Monuments, wie der Hadrian´s Wall in Nordengland, sind bereits seit 1987 Welterbe. Mit der Aufnahme des obergermanisch-raetischen Limesabschnittes in Deutschland im Sommer 2005 durch die UNESCO wurde der erste Schritt in Hinblick auf ein multinationales Welterbe gesetzt, das im Juli 2008 durch den Antoninus Wall, die römische Grenzanlage in Schottland, erweitert wurde. Diese ersten Teilabschnitte sollen bald durch weitere Nominierungen am Donaulimes, in Österreich, der Slowakei, Ungarn und Kroatien ergänzt werden.
Ansicht des Amphitheaters in Carnuntum In den Limesländern gibt es tausende von Militärplätzen in sehr unterschiedlichem Erhaltungszustand. Viele von ihnen sind Bodendenkmäler und oberirdisch für den Betrachter unsichtbar. Andere werden schon mehr als 120 Jahre wissenschaftlich erforscht und in Ruinenfreigelände und Archäologieparks der Öffentlichkeit präsentiert. Jedes Jahr kommen mit Hilfe der Luftbild- bzw. der geophysikalischen Prospektion und der zahlreichen Rettungsgrabungen neue Anlagen hinzu. Alle diese Denkmäler bilden zusammen mit den römischen Funden in den Limesmuseen einen großen archäologischen Schatz. Während einzelne am besten bekannte Ruinen der römischen Militärarchitektur durch Denkmalschutzgesetze geschützt sind, werden jedes Jahr viele archäologische Hinterlassenschaften vor allem in den städtischen, aber auch in ländlichen Regionen beschädigt oder unwiederbringlich zerstört. Viele Anlagen sind durch Straßenbauprojekte, öffentliche und private Bautätigkeit, die Errichtung neuer Einkaufszentren oder die Landwirtschaft massiv bedroht. Eine Nominierung als Welterbe soll helfen dieses archäologische Erbe zu identifizieren und für die nächsten Generationen so gut als möglich zu bewahren.
Obwohl es zahlreiche nationale Bemühungen gibt, fehlte bis vor kurzem eine europaweit harmonisierte, strategische Planung zur Dokumentation und Präsentation dieses internationalen Kulturerbes. Das Hauptziel der internationalen Zusammenarbeit von Denkmalschützern und Archäologen richtet sich auf den stufenweise Ausbau eines multinationalen UNESCO Welterbes „Grenzen des römischen Reiches“. Neben dem denkmalpflegerischen Schutz soll ein erhöhtes Bewusstsein für das Monument auch die Akzeptanz in der Öffentlichkeit in den einzelnen Ländern verbessern.