Daniel A. Di Liscia

Eine Wiener Expositio zum Traktat De latitudinibus formarum

Edition und Kommentar


(Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 20)

Wien 2022, 209 S.
2 Abb., 24 x 17 cm, Kart.
Preis: € 55.-
ISBN 978-3-205-21687-2

Der Band behandelt eine im  15. Jahrhundert an der Wiener Universität entstandene Auslegung zum weitverbreiteten Tractatus de latitudinibus formarum. Die im Traktat dargelegte Formlatitudenlehre schlägt vor, auf die Geometrie zurückzugreifen, um die Vielfalt der intensiven Variationen der Qualitäten in den Griff zu bekommen. Dabei wird das aristotelische Prinzip einer deutlichen Trennung von Mathematik und Naturphilosophie in Frage gestellt. Auf der Basis der Kommentartradition und der Unterrichtstätigkeit zu diesem Text entwickelte sich eine neue Disziplin, die „scientia de latitudinibus formarum“, deren wissenschaftlicher Status nicht selbstverständlich war. Handelt es sich um Mathematik, um Physik oder um etwas anderes? Eine Antwort auf diese Frage, die die moderne Forschung fasziniert hat, ist in dem hier präsentierten Text zu finden.
Der anonyme Autor des hier edierten und erläuterten Kommentars geht auf die epistemologische Frage nach dem Status der neu entstandenen Formlatitudenlehre als Wissenschaft ein, diskutiert den berühmten Satz der mittleren Geschwindigkeit, verschiedene naturphilosophische Sophismata und die systematische Einteilung der anzuwendenden geometrischen Darstellungen. Eine mit solchen Diagrammen versehene Abschrift des Kommentars, die der Edition zugrunde liegt, stammt von Michael Lochmair (gest. 1499), der an der Universität Wien lehrte.

 

Inhalt

 Vorwort und Danksagung, S. 7

Teil I. Voraussetzungen und Zusammenhänge
§ 1. Einführung, S. 11
§ 1. 1. Mathematik, Logik, Naturphilosophie: die Kalkulatoren, S. 13
§ 1. 2. Die Geometrisierung der Naturphilosophie, S. 21
§ 1. 3. Die Verbreitung der Formlatitudenlehre, S. 31
§ 1. 4. Die Formlatitudenlehre in Wien, S. 33
§ 2.  Die Erforschung der Expositio zum Tractatus de latitudinibus formarum, S. 38
§ 3. Die Handschriften: Freiburg, UB 238 (F) und Wien, ÖNB 4953 (W), S. 39
§ 3. 1. Die Handschriften, S. 39
§ 3. 2. Die Beziehung zwischen beiden Abschriften der Expositio, S. 43
§ 4.  Der Schreiber der Wiener Abschrift: Michael Lochmair de Heydeck, S. 46
§ 4. 1. Lochmairs Lebenslauf, S. 46
§ 4. 2. Die artistischen Schriften von Michael Lochmair, S. 49
§ 4.3. Zum Inhalt von Lochmairs artistischen Schriften in Verbindung mit der Lehre der Formlatituden, S. 53
§ 5.  Um die Mitte des 15. Jahrhunderts: Die scientia media der Formlatituden, Humanismus und Sophismata, S. 68

§ 6. Editorische Vorbemerkungen, S. 76
§ 6. 1. Der edierte Text, S. 76
§ 6. 2. Die lateinische Sprache, S. 78
§ 6. 3. Verwendete Abkürzungen, S. 79
§ 6. 4. Die Fußnoten, S. 80
§ 6. 5. Die Figuren, S. 80

Abbildungen, S. 81

Teil II. Edition: Tractatus de latitudinibus formarum communis cum expositione eiusdem, S. 85

Teil III. Kommentar
§ 1. Einführung, S. 141
§ 2. Das „Prohemium“ der Expositio: Die scientiae mediae und der wissenschaftliche Status der Formlatituden, S. 141
§ 3. Zum Prohemium von LF, S. 149
§ 4. Die erste Einteilung der latitudines, S. 152
§ 5. Zweite und dritte Einteilung der latitudines, S. 159
§ 6. Die vierte Einteilung der latitudines: Sophismata, Grenze und „Merton–Regel“, S. 161
§ 6.1. Einleitung, S. 161
§ 6.2. Einwände und Erwiderungen, S. 164
§ 6.3. Die Bestimmung des mittleren Grades, S. 171
§ 6.4. Die geometrischen Figuren, S. 183

Schlussbemerkungen, S. 189
Abkürzungen und Siglen, S. 193
Quelleneditionen und Literatur, S. 195
Namenregister, S. 205
Liste der erwähnten Handschriften, S. 209