Thomas Stockinger–Thomas Wallnig
Patrick Fiska–Ines Peper–Manuela Mayer
unter Mitarbeit von Claudia Sojer
Die gelehrte Korrespondenz der Brüder Pez
Band 2: 1716–1718
Text, Regesten, Kommentare
(Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 2/2/1-2)
2015, 1524 S.
24 x 17 cm, Gb. (in 2 Teilbänden)
Preis: € 230.00
Böhlau
ISBN 978-3-205-79572-8
Open access:
https://e-book.fwf.ac.at/o:824
https://e-book.fwf.ac.at/o:825
Während der 2010 erschienene erste Band der Pez-Korrespondenz den Beginn und die ersten Jahre des Briefwechsels der Melker Benediktinergelehrten Bernhard und Hieronymus beleuchtete, dokumentiert der vorliegende zweite Band die wohl intensivste Phase ihrer brieflichen Vernetzung innerhalb ihres Ordens und innerhalb der europäischen Gelehrtengemeinschaft. Am Beginn der hier behandelten Phase steht das dritte Pezsche Rundschreiben, das zur Mitarbeit an der „Bibliotheca Benedictina generalis“ aufforderte und das erstmals auch in protestantischen Gelehrtenjournalen bekannt gemacht wird; an ihrem Ende das erste gravierende öffentliche Zerwürfnis zwischen Bernhard Pez und seinem Abt Berthold Dietmayr, das einen sichtbaren Rückschlag für die Pläne und Ambitionen des Melker Bibliothekars mit sich brachte.
Zwischen 1716 und 1718 vollziehen sich zahlreiche Wandlungen in Praxis und Ausrichtung der Pezschen Arbeiten, die anhand der Korrespondenz in großem Detail nachvollzogen werden können. Der Briefwechsel selbst tritt heraus aus dem ursprünglichen Rahmen des benediktinischen Netzwerkes und involviert zunehmend auch protestantische Gelehrte, allen voran Johann Georg Eckhart, den Nachfolger von Gottfried Wilhelm Leibniz in Hannover, aber etwa auch den lutherischen Kirchenhistoriker Bernhard Raupach, der über einen Mittelsmann an Pezsches Material zu kommen trachtet. Die Gelehrtenjournale Mitteldeutschlands erweisen sich zunehmend als wichtiges Medium einer gelehrten Öffentlichkeit, an dem die Brüder Pez nicht nur beteiligt sind, sondern für die sie sich zugleich als Vermittler von Beiträgen aus dem westeuropäischen Raum anbieten. Der bereits vor 1716 schwelende Konflikt mit den Wiener Jesuiten könnte den Hintergrund für die gravierende literarische Auseinandersetzung zwischen Bernhard Pez und Hofbibliothekspräfekt Johann Benedikt Gentilotti darstellen: In dieser Kontroverse geht es um nichts weniger als um die methodischen und ethisch-religiösen Grundlagen von kritischen Quelleneditionen, und Pez verficht den Standpunkt der unvoreingenommenen und unzensurierten Herausgabe von Quellen, um so zu einer ausgewogenen Sicht der historischen Ereignisse zu gelangen. Generell entwickelt Pez in diesen Jahren ein neues Forschungskonzept, in welchem das bio-bibliographische Lexikon der „Bibliotheca Benedictina“ hintangestellt wird zugunsten der – markttauglicheren – Edition bisher unveröffentlichter kirchenhistorischer Quellen. Die Arbeiten am „Thesaurus anecdotorum novissimus“ beginnen bereits in den Monaten nach der großen Bibliotheksreise im Sommer 1717, und in dem Kartäuser Leopold Wydemann erwächst den Brüdern Pez nun ein zusätzlicher tatkräftiger Unterstützer, der wiederum eine andere Nuance von monastischer Gelehrsamkeit verkörpert: Ein schweigender Mönch kann brieflich umso eloquenter sein.
Schließlich zeigt sich auch, dass Bernhard Pez Sympathien für die französischen Appellanten gegen die päpstliche Bulle „Unigenitus“ gehegt zu haben scheint, und zugleich lassen sich deutlich seine Versuche greifen, eine aus der Visitationsgewalt des Abtes herausgehobene benediktinische Gelehrtengemeinschaft nach Vorbild der Maurinerkongregation ins Leben zu rufen. Diese Pläne, die in der expliziten Tradition der Leibnizschen Akademiepläne am Wiener Hof verhandelt wurden, scheiterten an dem Zerwürfnis zwischen Pez und Dietmayr.
Der vorliegende Band dokumentiert diese und andere Vorgänge mit der bereits im ersten Band angewendeten Erschließungstiefe; insbesondere auf die Identifizierung der von den Brüdern bearbeiteten Handschriften wurde großer Wert gelegt. Flankierend kann der im Internet zugängliche Nachlass der Brüder Pez herangezogen werden, der zahlreiche in den Briefen erwähnte Zusendungen beinhaltet. Von den 547 Briefen des behandelten Zeitraums sind 257 erhalten, 290 wurden erschlossen. Die bereits im ersten Band erarbeiteten Hilfsmittel wurden erweitert um zwei zusätzliche Anhänge sowie ein Register der Handschriften nach ihrem heutigen Aufbewahrungsort.